Reschensee
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Aus dem 6 km langen, klaren Reschensee, vor der Bergkulisse des urigen Langtauferer Tals, ragt einsam ein versunkener Kirchturm. Das Wahrzeichen des Vinschgau ist zugleich märchenhaft und faszinierend.
Die Geschichte hinter dem bekannten Postkartenmotiv, dem „Turm im See“, ist jedoch weit weniger idyllisch: Das romanische Kirchlein aus dem 14. Jahrhundert ist stummer Zeitzeuge einer verantwortungslosen See-Stauung kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges.
Den versunkenen Turm im Reschensee besuchen jährlich tausende Besuchern aus aller Welt. Im Winter jagen dort Snowkiter übers Eis, im Sommer nutzen Surfer und Segler das Gewässer für ihre Aktivitäten vor Ortlerkulisse. Doch wo heute das markante Postkartenmotiv aus dem Wasser ragt, befand sich einst ein ganzes Dorf. Mit der Stauung zweier benachbarter Bergseen 1950 wurde es komplett überflutet. Über 500 Menschen verloren im Zuge des von langer Hand geplanten, faschistischen Projekts in Südtirols Westen ihre Heimat. Norditalien brauchte Strom, und so hat man die Bewohner von Alt-Graun über ihre Köpfe hinweg auf nahe gelegene Berghänge umgesiedelt. Nur der romanische Kirchturm blieb aus Denkmalschutzgründen erhalten. Während der warmen Jahreszeit erfahren die Passagiere der MS Hubertus, Europas höchste Binnenschifffahrt, allerlei Wissenswertes dazu. Eine Ausstellung im Museum Graun informiert über Untergang und Wiederaufbau des gleichnamigen Orts.
Reschensee – Wie der Turm in den See kam
Nach Südtirols Annexion durch Italien 1920 geisterte das Stauprojekt am Reschenpass jahrelang als Schreckgespenst der neuen faschistischen Regierung durch den Obervinschgau: Der ursprüngliche Plan zur Errichtung zweier Elektrizitätswerke in der Region sah eine Anhebung des Wasserspiegels von Reschen- und Graunersee (auch Mittersee genannt) um „nur“ fünf Meter vor – Teile des Dorfs Graun wären also erhalten geblieben. Während des zweiten Weltkriegs lag das Vorhaben ganz auf Eis. 1947 aber beschloss Rom, die Arbeiten doch aufzunehmen und die beiden benachbarten Gewässer mithilfe des Großkonzerns Montecatini um 22 Meter zu stauen – der Wirtschaftskraft des Landes zuliebe. Die Bevölkerung musste tatenlos zusehen: Beim endgültigen Vollstau im Sommer 1950 wurden über 500 Hektar Grund und 163 Häuser überflutet, die Bewohner mussten in ein höher gelegenes Barackenlager umziehen. Fast 150 betroffene Familien aus Graun und Reschen verloren ihre Existenz und erhielten nur geringe Entschädigungszahlungen. Kaum jemand blieb, 70 Prozent sind aus- oder abgewandert. Mittlerweile hat die Gemeinde Graun wieder über 2.400 Einwohner, der versunkene Kirchturm aus dem 14. Jahrhundert zählt zu Südtirols wichtigsten Sehenswürdigkeiten.
Heute ist das Gebiet um den Reschensee eine beliebte und florierende Ferienregion. Die Berge laden zum Wandern und Mountainbiken, im Winter lockt das traumhafte Skigebiet Schöneben. Die Runde um den See ist eine wunderbare und viel genutzte Wander-, Bike-, Nordic-Walking- und Laufstrecke, der See selbst ein herrliches Revier zum Angeln, Boot fahren, Segeln und Kitesurfen.
Am 16. Juli 2016 steht im Vinschgau wieder ein Laufevent an, das passionierte Läufer auf keinen Fall verpassen sollten: der Reschenseelauf. Die Rennstrecke ist 15,3 km lang, wobei rund 90 Höhenmeter zu überwinden sind. Gelaufen wird rund um den Reschensee und das ist auf jeden Fall ein besonderes Erlebnis für all jene, die das Laufen in besonderen Naturlandschaften lieben. Start- und Zielpunkt ist Graun mit seinem historischen Kirchturm im See. Die Teilnehmer – Hobbyläufer und professionelle Mittelstreckenläufer – starten je nach Jahrgang in verschiedenen Kategorien. Für ihre Verpflegung und Erfrischung wird unterwegs bestens gesorgt. Weitere Informationen: www.reschenseelauf.it
Der Reschensee ist auch aufgrund seiner malerischen Lage ein beliebtes Ausflugsziel und eignet sich hervorragend zum Entspannen. Und die frische Forelle aus dem See gibt’s gleich dazu, denn der von Etsch, Rojen- und Karlinbach gespeiste Stausee ist ebenso Heimat zauberhafter Fischarten wie Regenbogenforelle, Barsch, Hecht oder Renke.
Übrigens: Dem Volksmund nach sind manchmal noch die Glocken zu hören, die aus der Tiefe geläutet werden!
Weitere Informationen zur Region finden Sie hier.
Fotos: © Frieder Blicke, Vinschgau Marketing
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